Es ist Freitagnachmittag der 13. und entgegen aller Gewohnheiten ist im Kinderhaus das Radio eingeschaltet. Es geht das Gerücht um, dass das Land wegen der Corona-Pandemie alle Schulen und Kindergärten schließen möchte. Die Kinder spielen im Garten, lachen, sind fröhlich. Die Fachkräfte sind mit einem Ohr bei den Nachrichten. Es kommen die ersten Eltern, um die Kinder abzuholen. Auch diese verharren, um die neuesten Meldungen mitzubekommen. Sie tauschen sich aus und besprechen, was das für die Familien bedeuten könnte. Und dann ist es soweit – alle Schulen und Kindergarten sollen ab dem 17. März 2020 geschlossen werden. Am Montag haben die Einrichtungen noch Zeit, um die letzten Vorkehrungen zu treffen. Die Eltern bekommen einen Corona-Brief, indem der Schließungszeitraum angekündigt wird, mit Kontaktdaten, woher die Familien in dieser Zeit Infos bekommen können. Der AB vom Kinderhaus wird besprochen. Unser Bürgermeister Herr Fetzer kommt und klärt mit der Leitung Frau Keck ab, wer vom Personal zur der Risikogruppe gehört und wer selber zu Hause Schul- und Kindergartenkinder betreuen muss. Die restlichen Fachkräfte können die Notbetreuung abdecken.
Und plötzlich ist es still im Kinderhaus. Es ist unheimlich, weil keiner weiß, wie stark sich der Covid19 Virus in den nächsten Tagen und Wochen ausbreiten wird. Hoffentlich trifft es niemanden, den wir kennen. Um die Ansteckungsgefahr zu minimieren, arbeiten nur so viele Fachkräfte im Kinderhaus, um eine Notbetreuungsgruppe aufrecht zu erhalten. Solange noch keine Kinder im Haus sind, wird Liegengebliebenes aufgearbeitet. Alle anderen bauen ihre Überstunden und einen Teil vom Urlaub ab.
Die Fachkräfte im Kinderhaus beginnen nach und nach die Räume gründlich zu reinigen und die Spielsachen zu desinfizieren. Die neue Wichtelgruppe wird renoviert und eingerichtet. Auch im Lager auf der Bühne wird gründlich ausgemistet. Die Erzieherinnen nutzen die Zeit für Büroarbeiten, um die Erlebnisse und Aktionen der Kinder vor der Corona-Zeit in den Portfolios zu dokumentieren. Auch der Außenspielbereich wird auf Vordermann gebracht. Das Karussell bekommt einen neuen Anstrich, die Lehrhochbeete werden vom Unkraut befreit und unser Hausmeister schraubt auch für die Krippenkinder ein Hochbeet zusammen. Außerdem baut er ein neues Spielgerät für den Kletterparcours und kümmert sich um den in Mitleidenschaft geratenen Rasen.
Die Erzieherinnen machen sich Gedanken um die Kinder mit ihren Familien. Es finden Besprechungen unter Corona-bedingungen statt. Es entwickelt sich die Idee Mitmachvideos auf unsere Homepage www.kinderhaus-bingen.de zu veröffentlichen. So entstehen beispielsweise Anleitungen zum Knete herstellen, wie man Salzkristalle züchtet oder Blumen einfärbt. Besonders in der Osterzeit vermissen wir die Kinder, deshalb fahren die Erzieherinnen alle Häuser an, um eine Osterüberraschung für die Kinder zu verteilen. In den letzten Tagen wurden durch das Kinderhauspersonal schon mehrere Briefe, wie zum Beispiel Infos von der Gemeinde an die Eltern, eine Umfrage zum Schultütenbasteln und ganz aktuell eine Bastelanleitung mit den dazugehörigen Materialien und einem Gedicht zum Mutter- und Vatertag ausgefahren und verteilt.
Der Zoller-Hof spendet 190 Kinderschutzmasken für die Schule, Grundschulbetreuung und das Kinderhaus. Auch für das Personal wird von der Gemeinde eine Alltagsmaske angeschafft und das Land verordnet spezielle Schutzmaßnahmen, die im Kinderhaus umgesetzt werden müssen.
Nach Ostern kommen endlich die ersten Kinder in die Notbetreuung und es werden wöchentlich mehr. Dort ist eine Aktion entstanden. Die Kinder der Notgruppe haben Steine für eine große Steinschlange bemalt. Diese soll den Zusammenhalt und die Zugehörigkeit zur Gemeinde Bingen symbolisieren, im Kampf gegen Corona. Die Schlange soll stetig weiterwachsen und jeder der Lust dazu hat, kann einen Stein gestalten und zur bestehenden Steinschlange vor dem Kinderhauszaun dazulegen. Auch wenn noch kein gewohnter Alltag eingekehrt ist, ist es zum Glück nicht mehr so still im Kinderhaus!